Geheimgang hinter dem Teppich

Dieser dumme Idiot, er sollte sie gefälligst wieder gehen lassen! Das war ja wirklich wie in einem billigen Horrorfilm. Amélie presste erneut beide Lippen aufeinander und trat Leon mit aller Kraft gegen sein linkes Schienbein. Ansonsten wusste sie sich wirklich nicht mehr zu helfen.

Leon spürte es. Diesmal spürte er wirklich, wie sie sich gegen ihn wehrte, ihn loswerden wollte. Er spürte es, weil der heiße Schmerz in seinem Schienenbein dazu führte, dass er das Gleichgewicht leicht verlor und noch ein Stück nach vorne viel, wodurch seine Hände an der Wand herabglitten, doch er konnte sich fangen, bevor etwas wirklich dummes geschah. Doch dieses plötzlich ausgelöste, unerwartete gefühl, der schmerz, riss ihn förmlich aus seiner Starre. Und seine Zunge erwachte zum Leben. „Du fragst dich also wirklich, was mit mir los ist?“, diese Frage stellte er eher sich selbst als ihr, doch dann blickte er ihr fest in diese, wie er sich doch selbst eingestehen sollte, hübschen Augen und heiße Wut löste die Kälte ab. „Dann erkläre ich es dir mal, liebe Amélie. Es ist einfach verletztend, zu sehen, wenn jemand, den man besser zu kennen glaubt, vollkommen am Boden zerstört erscheint und erst einmal in den Armen des besten Freundes zusammenbricht“, er hatte es neutral sagen wollen. Leise. Doch mit jedem Wort steigerte sich seine Stimme und seine Hände an der Wand ballten sich zu Fäusten. „Weißt du, dass es Aaron war, dass kann ich sogar verstehen. Er ist ein klasse Kerl. Doch“, und diesmal stolperte er förmlich über die Wörter, die ihm so rasch über die Lippen kommen wollten. Er wollte es hinter sich haben. „Du hörst damit nicht auf. Es scheint, als würdest du dich jedem Typen an den Hals werfen, der auch nur in deine Nähe kommt!“, Er schrie sie an. Richtig und wahrhaftig. Wie er es nicht hatte tun wollen. Doch er wollte sich nicht einmal mehr entschuldigen. Irgendein masochistischer und gleichzeitig sadistischer Teil von ihm wollte sie quälen, und ihre Qualen sehen. Nicht, dass es ihm jemals gelingen würde. Sie zu brechen. „Du scheinst nach Aufmerksamkeit zu lechzen, Leroy. Du hast es schon vorher getan, doch damals warst du ein Individuum gewesen, doch warst stark und ganz du selbst. Du warst ein fantastisches, selbstbewusstes Mädchen, dass weiß, was es will. Jetzt hat man das Gefühl, dass du abhängig davon bist. Davon, Aufmerksamkeit zu bekommen. Es ist verständlich, wenn du auch mal richtige Freunde haben willst. Ich war nie ein guter Freund. Weder für dich noch für sonstwen. Doch ich hätte nie gedacht, dass dich ein Typ nach einer Tanzstunde so schnell rumkriegen kann oder dass du wirklich mit Brighton ausgehst. Ich war immer der Meinung, du hättest etwas besseres verdient! Doch anscheinend hast du noch nicht einmal mehr den Anflug von Würde! Du verlierst sie! Du verlierst das, was dich ausgemacht hat! Du bist nicht mehr das Mädchen, dass ich kannte“, er blickte mit wildem Blick auf sie herab, wie sie dort stand, zwischen ihm und der Wand und konnte sich in diesem Moment in keiner Weise in sie einfühlen. Überhaupt nicht. Sie war ein Individuum, wie er es gesagt hatte. Doch nun war sie nicht mehr wie er. So kam es ihm vor. Doch gleichzeitig sah sie noch aus wie das Mädchen, dass er gemocht hatte. Dass ihn so zerstört hatte. Nein, dass stimmte nicht. Sie hatte ihn nicht zerstört. Überhaupt nicht. Nur einen kleinen Teil und in diesem Augenblick war es dieser Teil, der mit ihr sprach. Er blickte sie an, mit diesen engelsgleichen Locken, und seine Stimme, die zum Schluss hin rauer geworden war, wollte nicht mehr gehorchen. Er wollte nicht mehr reden. Aber dieser Teil von ihm, der so sauer auf sie war, wusste auch, dass er etwas verloren hatte. Er wusste es, wollte es aber nicht wahrhaben. Und etwas in ihm drin schrie auf, schrie ihm zu, was er tun sollte. Wie er sich sicher sein konnte. Ohne lange zu überlegen beugte er sich zu ihr hinab. Küsste sie. Hart, gefährlich und verdammt wütend. In dieser Geste war nichts als Wut...Eifersucht...Besitzgier? Doch sobald er es tat, sobald er diese weichen Lippen berührte, erwachte etwas in ihm. Leon. Der wirkliche Leon. Für einen kleinen Augenblick schob er ihr noch die Hand in den Nacken und drückte sie gegen sich, und dann ließ er sie los. Nach dem Bruchteil einer Sekunde, nachdem er realisiert hatte, was er hier eigentlich tat. Er ließ sie los, als hätte er sich verbrannte. Das Eis in seinen Augen brach und Schmerz trat an dessen Stelle, doch es war zu viel. Was er getan hatte, hatte nicht sie zerstört, sondern ihn. Er wandte sich um und ging mit schnellen Schritten auf den Teppich zu, sah sie nicht einmal mehr an. Wollte sich nicht quälen. Wollte nicht, dass es noch schlimmer wurde. Doch als seine Hand den Teppich zur Seite schob kamen ihm noch fünf leise Worte über die Lippen, in die er all seine Schuld legte. Keine Entschuldigung. Er wollte ihr lediglich klar machen, dass er wusste, dass er einen Fehler gemacht hat. „Ich will dich nicht kennen.“

tbc: Eingangshalle

Sie hatte wirklich gehofft, dass Leon sie jetzt in Ruhe lassen würde. Denn es stieg nun wirklich Panik in ihr hoch. Amélie presste ihre Lippen so fest aufeinander, sodass sie bereits ganz weiß wurden und blickte verletzt und schwach zu dem Durmstrange. Sie versuchte seinem Blick auszuweichen, denn es war einfach nur ein Alptraum, in diese fremden und kalten Augen zu sehen. Eigentlich hatte sie gedacht, sie würde Leon kennen. Aber dem war nicht so, denn nun wusste sie endgültig, warum es immer und immer wieder vor ihm gewarnt wurde. Er ist nicht so, wie du denkst, hatte sie gehört. Der spielt doch nur mit dir, wurde ihr gesagt und sie hatte immer nur genervt die Augen verdreht. Sie war leichtsinnig gewesen. Sie hatte fast jeden Tag mit ihm Zeit verbracht und hatte nicht hinter dieses Gesicht sehen können. Das war einfach nur erbärmlich von ihr. Einfach nur lachhaft.
Doch Leon verschwand nicht. Er packte sie eher noch fester und Amélie biss ihre Zähne zusammen, um kleine Tränen zurückzuhalten. Das durfte sie ihm nicht zeigen, nicht schon wieder. Er hatte recht; das wusste sie. Sie war schwach geworden und zwar seit dem Zeitpunkt, als Estelle ihr Tagebuch gelesen hatte. Estelle! Nein! Sie war schuld, sie war an allem schuld! Denn dann wäre sie nicht zu Aaron gegangen und Leon hätte sie nicht gesehen, jedenfalls nicht bei ihm. Somit hätte er ihr jetzt nicht das alles vorwerfen müssen und dann schlaffte sie innerlich plötzlich total zusammen. Sie konnte einfach nicht mehr, das war wirklich viel zu viel für sie. Zudem Leon sie anschrie was alles noch um einiges schlimmer machte. Amélie hasste es, wenn jemand schrie. Es machte sie irgendwie total fertig, besonders in Situationen wie jetzt. Denn der Schüler war nur wenige Zentimeter von ihr entfernt und vermutlich konnte man seine Stimme schon fast auf dem Gang draußen hören.
Und als Leon ihr vorwarf, dass sie sich an jeden ranschmiss, konnte sie sich auch nicht mehr gegen ihn stemmen. Aaron, Leon, Brighton und Riley. Verdammt, was tat sie da eigentlich? Amélie schluchzte kurz leise auf, musste dann allerdings husten, da sie es sich verkneifen wollte.
Die Französin bewegte ihre Schultern ganz leicht, als wollte sie Leon irgendwie abschütteln, doch natürlich war dies nicht machbar. Er hatte sie fest gepackt und dann … - Sie riss ihre Augen weit auf und konnte es einfach nicht fassen, was er dort gerade tat. Fast reflexartig stemmte sie ihre Hände gegen seine Brust, doch dann ließ sie diese sofort wieder sinken und suchte hinter sich an der Wand hilfesuchend nach irgendetwas, an dem sie sich halten konnte. An etwas, das ihr halt oder Kraft gab. Sie war ganz alleine, mit diesem Menschen, den sie überhaupt nicht wiedererkannte. Amélie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und sie liefen ihr schnell über ihre Wangen. Ihre Wangen waren so heiß, dass die salzigen Tränen sie fast schon kühlten und plötzlich schmeckte dieser Moment nicht nur falsch sondern auch bitter.
Und dann legte er seine eiskalte Hand (oder bildete sie es sich nur ein?) in ihren Nacken und sie wurde erneut mir Wut gegen ihn gedrückt. Was passierte da gerade? Das konnte doch gar nicht gehen, sie musste sich das alles bloß einbilden. Gleich würde sie ihre Augen aufschlagen und merken, dass sie in ihrem Bett lag. Dass sie nur geträumt hatte und noch nicht einmal in Kräuterkunde war. Sie konnte sich beeilen und damit einem Gespräch mit Professor Dumbledore aus dem Weg gehen.
Doch ein letzter Stoß von Leon gab ihr zu verstehen, dass sie keinen Albtraum hatte und dass alles die Realität war.
Die Schülerin rutschte ein wenig an der Wand hinter ihr nach unten, als der Durmstrange sie wieder losließ. Er ging einfach, als wäre dies ein normaler Gang und sie wäre gar nicht da. Amélie schluchzte erneut auf, doch dieses Mal um einiges lauter und hätte seine letzten Worte fast nicht verstanden. Sie hielt inne, verstummte für drei, vier Sekunden und warf ihm dann einen letzten Blick zu, doch das einzige was sie sah, war sein schwarzer Umhang und ein dünner Lichtstreifen.

Amélie rutschte nun ganz auf den Boden und zog ihre Beine ganz eng an ihren Körper, als wollte sie so viel Platz zwischen sich und die Wand gegenüber bringen. Sie schluchzte erneut laut auf und ihr Gesicht war bereits ganz nass. Die Tränen liefen ihr wie Wasserfälle über ihre Wangen und sie verkrampfte ihre Hände in ihren blonden Haaren. Sie schrie kurz auf, als wollte sie damit alle Sorgen und Probleme vertreiben, doch natürlich war dies nicht möglich. Die Schülerin wollte sich einfach nicht eingestehen, dass sie jetzt ganz weit unten war. Sie hatte nun wirklich niemanden mehr, außer vielleicht Aaron? Nein, vermutlich würde Leon sich den Durmstrange schon auf seine Seite ziehen. Oder er war jetzt wieder bei Emilia, hatte sich mit der Hand kurz über seine Lippen gewischt und war sich mit der Hand durch seine Haare gefahren, um letztendlich wieder neben der Slytherin Platz zu nehmen und Brighton zu ignorieren. Brighton! Vielleicht würde er nach ihr suchen. Oder auch nicht, auch ihn hatte sie wegen Leon vertrieben. Warum nur?
Voller Wut schlug sie ihren Kopf feste gegen die Wand hinter ihr und hoffte, dass der heftige Schmerz sie ein wenig vergessen ließ, doch anstelle wurde ihr eher etwas schlecht. Sie atmete keuchend auf und schrie erneut. Amélie schluchzte ein weiteres Mal, die Tränen liefen über ihre Wangen und sie schlug so feste sie nur konnte, mit ihren Fäusten auf den Boden. So feste sie konnte, sie musste irgendetwas tun, damit sie nicht tatenlos hier auf dem Boden saß. Die Französin schlug ihren Kopf erneut gegen die Wand hinter sich und ihr wurde für mehrere Sekunden schlagartig schwarz vor Augen. Amélie war schlecht und sie hielt sich kurz eine Hand vor den Mund, doch dann ließ sie diese wieder sinken und schloss ihre Augen.

cf: Der See - Ländereien

Brighton war damit beschäftigt sich seine Krawatte wieder richtig umzubinden und lief durch die Korridore. Er wollte schnellstmöglich ins Bett und da bot sich der Geheimgang hinter diesem schnieken Teppich an, den er kurzerhand öffnete und eintrat. Das Problem war jetzt nur irgendwie...es war schon jemand da. Der Gang war dunkel und so sah Brighton nur einen Schatten und hörte lautes schluchzen. ,,Ehh." ,meinte er ratlos. Sollte er einfach weitergehen? Wäre irgendwie unhöflich. ,,Wer ist da?" ,meinte er also leise in die Dunkelheit hinein. Er hätte auch einfach näher hingehen können um die Person zu erkennen, aber er hatte Angst, sie zu kennen. Oder ihn. Aber es hörte sich ziemlich nach einem Mädchen an.

Amélies Kopf schmerzte immer noch sehr, dennoch bemerkte sie, dass für einen kurzen Augenblick Licht in den Gang hinein fiel. Sie hatte befürchtet, dass Leon zurück kommen würde und schreckte leicht zusammen. Erst als die Person die Stimme erhob, sah sie kurz auf und blickte in die Richtung der Stimme. Allerdings sagte sie nichts und ihre Tränen liefen weiterhin über ihre Wangen. "Hm?" brachte die Schülerin kaum hörbar und leicht erstickt hervor.

Brighton zog die Stirn kraus und ging auf die Person zu. Wer da so zusammengekauert, tränenüberströmt saß, das war niemand anderes als Amy höchst persönlich. Das Schiksal meinte es offensichtlich nicht besonders gut mit Brighton. ,,Amy..." ,meinte er langsam. Als ob es helfen würde ihren Namen zu nennen... ,,Was ist passiert? Wieso weinst du?" Er blieb stehen und musterte Amy. Das musste dieser beschissene Leon gewesen sein. Der Slytherin ballte die Hände zu Fäusten und sah sich suchend um. ,,Wo ist der Penner?" ,fragte er und ließ seine Tasche auf den Boden gleiten.

Amélie merkte, dass die Person auf sie zukam und tastete im dunkeln nach einer Hand oder einem Arm. Mit der anderen Hand wischte sie sich kurz über ihre Augen und schnappte hastig nach Luft.
Die Schülerin umklammerte feste Brightons Arm und zog ihn zu sich runter. Sie wollte nicht auf seine Fragen antworten. Was denn auch? Immerhin war sie doch auch nicht ganz unschuldig? Oder hatte der Durmstrange ihr diese Einstellung nur eingeredet?

Gut, keine Antwort war auch eine Antwort. Der Slytherin setzte sich neben Amy, wozu er mehr oder weniger gezwungen wurde, und zog seine Tasche an seine Seite. Was wollte sie denn jetzt? Hat Leon sie hängen gelassen, und dann war er wieder gut genug? Okay, Brighton sollte vielleicht nicht so denken, immerhin war das Mädchen am weinen, aber er war sehr nachtragend. Sie hatte ihn gewissermaßen verletzt und darüber würde er so schnell nicht hinwegkommen. Brighton wagte einen Seitenblick zu ihr und musterte das verheulte Gesicht. Oh man, sowas konnte er einfach nicht sehen. Leon würde seine Strafe in Kürze erhalten. Ganz sicher. Doch vorerst schob er das 'Leon verprügeln' aus seinen Gedanken und nahm ihre Hand. Es war ihm irgendwie ganz gleich, ob sie es wollte. Sie würde sich jetzt trösten lassen müssen. Selbst von dem blöden Raucher. ,,Was hat er gemacht?" ,fragte Brighton und es war nicht mehr als ein Flüstern. Sie sah schrecklich aus. Ihre blauen Augen waren blutunterlaufen und ihre blonden Locken hingen schlaff an ihrer Seite. Was hatte Leon nur getan? Der Slytherin wandte den Blick ab. Er konnte nicht aufhören, an Leon zu denken während er sie ansah.

Amélie war irgendwie total froh, dass sie nicht mehr alleine war. Eigentlich wäre es ihr egal gewesen, wer jetzt zu ihr gekommen war. Hauptsache, es war nicht Leon und jemand hatte sie gefunden. Sie ignorierte den ekelhaften Geruch, der von Brighton ausging und antwortete wieder nicht direkt auf seine Frage. Eigentlich wollte sie ja gar nicht darüber reden, aber was sollte sie schon großartig machen? Würde sie es ihm nicht sagen, müsste sie fürchten, gleich wieder alleine im Raum zu sein. Amélie schniefte kurz und musste leise husten.
"Er ..." begann sie, doch dann schüttelte sie kurz den Kopf. Wo war er jetzt? Saß er vielleicht wirklich unten bei Emilia? "Ich kann nicht" murmelte sie mit fast geschlossenem Mund und drückte sich die rechte Hand fest gegen ihre Augen.

Brighton verzog das Gesicht, als auch sie es getan hatte. ,,Tut mir leid, dass ich so rieche." ,bemerkte er leise und es war sogar etwas ernst gemeint. Dann hörte er aufmerksam zu. Besonders viel sagte sie nicht, aber immerhin etwas. ,,Klar kannst du..." ,sagte Brighton und ließ ihre Hand los um sich vor sie zu setzen. Er suchte ihren Blick und lächelte aufmunternd.

Langsam ließen die Tränen nach und sie legte sich ihre kühle Hand erneut auf ihre Augen, damit sie nicht mehr allzusehr schmerzten. Doch als Brighton sie erneut aufforderte, schüttelte sie wieder den Kopf. Irgendwie wollte sie nur noch hier raus, am besten in die Kutsche, in der Hoffnung, das dort niemand war. Aber sicherlich waren noch alle auf dem Ball, von daher musste sie nicht viel befürchten.
"Er ..." begann sie erneut und holte ein weiteres Mal tief Luft. "Er ... hat mit mir gesprochen und mich ... festgehalten" sprach sie langsam weiter. "Dann ..." sie stockte erneut und betrachtete kurz den Boden. "Bedrängt" flüsterte Amélie und sah dann kurz von Brighton weg. "Und ... ge- ..." Doch die Französin brach ein weiteres Mal ab und wieder liefen ihr ein paar Tränen über ihre Wangen.

Brightons Augen wurden immer größer. ,,Wo ist er hin?" ,fragte er wütend und erhob sich. Bis morgen konnte er nicht warten. Leon würde sofort dafür bezahlen. Der Slytherin hob seine Tasche auf und warf sie sich um, ehe er den Blick wieder an Amy richtete.

"Hm?" rutschte es ihr überrascht heraus und sie musste mehrmals blinzeln, bis sie Brighton wieder fand. Oh nein, wollte er Leon etwa suchen gehen? "Nein" quieckte sie schrill und schüttelte energisch den Kopf. "Nicht ..." flüsterte Amélie und umklammerte mit einer Hand ihren Magen. Zudem war sie noch nicht einmal zu Ende mit diesem kleinen Erlebnis gewesen. Zum Glück, denn sonst wäre der Slytherin sicherlich noch wütender gewesen.

,,Wieso nicht?" ,fragte Brighton überrascht. ,,Ich mein, so behandelt man keine Mädchen. Was denkt der wo wir leben? Im Mittelalter?" Er seufzte und steckte die Hände in seine Hosentaschen. ,,Ich bin vielleicht ein Raucher, aber ich kann's nicht leiden wenn man jemanden scheiße behandelt der es nicht verdient hat."

Amélie öffnete ihren Mund, als wollte sie etwas sagen, doch sie wusste nicht was. Wieder senkte sie ihren Kopf und wischte sich flüchtig über ihre Lippen. Sie zuckte mit den Achseln, was auch der Wahrheit entsprach. "Weiß nicht" hauchte sie dann leise und drehte eine blonde Strähne um ihren linken Finger, da sie nicht wusste, wohin mit ihrer Hand. Wieso verteidigte sie gerade Leon? Das war ja kaum zum aushalten ...

Brighton guckte mit hochgezogenen Augenbrauen zu Amy runter. ,,Ah, Fettnäpfchen, und Brighton ist wieder voll reingetrampelt." ,kommentierte er die Situation. ,,Du ziehst sein Benehmen dem Rauchen vor." ,sagte er und tippte sich gegen den Kopf. ,,Hätt ich wissen müssen. Naja, bis dann also." Er versuchte nochmal zu grinsen und ging den Geheimgang abwärts, von Amy weg.

Damit hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet! Überrascht und erschrocken zugleich sah die Französin auf und ihre Augen wurden größer. "Nein" meinte sie erstickt und schon wieder kamen ihr Tränen in die Augen. "Ich, ich weiß nicht wo er ist. Das ... meinte ich" versuchte sie zu erklären, doch mit jedem Wort wurde ihre Stimme leiser und sie krallte ihre Fingernägel in den Teppich.

Brighton drehte sich stirnrunzelnd wieder zu Amy. ,,Hast du nicht." ,sagte er etwas beleidigt. ,,Du warst froh, dass Leon dich abgeschleppt hat. So kamst du wenigstens weg von mir." ,meinte er und zuckte mit den Schultern. ,,Ich kann's dir nicht verübeln, auch wenn es ein wenig...neu ist. Die meisten weisen mich weniger schmerzhaft ab."

Ihr Mund klappte erneut leicht auf und sie schüttelte den Kopf. "Nein, nein, nein" sagte sie weinend und schluchzte plötzlich wieder laut auf. Das konnte doch wohl nicht sein, oder? Wollte auch Brighton sie jetzt verlassen? "Das stimmt nicht" schrie sie und lehnte sich leicht nach vorne auf ihre Knie.
Amélie betrachtete den Boden und zögerte. "Sag sowas nicht" flüsterte die Französin kopfschüttelnd und wollte einfach nicht wahrhaben, was Brighton dort sagte. Das stimmte nicht. Was Leon gesagt hatte, stimmte ... nein, sie war sich gar nicht mehr sicher, ob es einfach nur die Fantasie des Durmstrang' war oder dies alles der Wahrheit entsprach. "Es ist nochwas ..." begann die Schülerin, brach dann jedoch ab. Nein, sie würde es nicht sagen. Stattdessen blickte sie hoch zu Brighton. Voller Angst, dass er einen weiteren Schritt in Richtung Ausgang machen würde.

Brighton ließ die Tasche wieder sinken. Nicht etwa, weil er bleiben wollte. Ganz im Gegenteil. Die Wut schoss in ihm hoch. Vermutlich spielte sie einfach mit ihm. Drückte ein paar Tränen rauß, um ihn einzuwickeln, dann würde Leon aus einer Ecke hervorspringen und sie würde mit ihm gehen. ,,Was denn Amélie?" ,fragte Brighton, lauter als er wollte. ,,Du ... du kannst nicht verlangen, dass ich einfach hier sitze und dich tröste. So einer bin ich nicht. Ich ... bin sauer auf dich. Verdammt sauer. Wegen der männlichen Schulschlampe wurde ich sitzen gelassen, du musst verstehen, dass mein Ego da was abbekommen haben könnte. Jetzt heulst du...bringst mich dazu, noch sauer auf ihn zu werden und alles. Nur warum? Was willst du erreichen? Wenn du jedes mal abbrichst, bevor du zum Punkt kommst, dann brauchst du dich nicht zu wundern wenn ich gehen möchte."

(mir fällt auf, dass Brighton so ein richtiger Idiot ist. Typisch Kerl irgendwie. Tut mir sorry...)

(Ach, ist doch nicht schlimm XD)
Amélie setzte sich wieder aufrecht hin und verkreuzte ihre Beine vor sich auf dem Boden. Sie lehnte ihren Kopf hinter sich gegen die Wand und wischte schnell wieder die Tränen weg. Nein, sie sollte jetzt einfach nicht weinen, wenn er dadurch nur wütend wurde. "Nein" nuschelte die leise und verzog ihr Gesicht kurz. Was redete er eigentlich da? "Denkst du etwa, ich wollte mit ihm gehen? Freiwillig? Man rechnet wirklich nicht damit, dass, wenn dich jemand fragt, ob du kurz mitkommen willst, du in einen dunklen Gang gelockt wirst, wo du bedrängt, festgehalten und schließlich zwangshaft geküsst wirst, okay? Und wenn du mir nochmal sowas unterstellst, dann ..." redete sie plötzlich wie ein Wasserfall und ließ sich erschöpft nach hinten gegen die Wand sinken. Sie atmete tief durch und tupfte sich erneut kurz über die Augen.

Brighton verschränkte die Arme vor der Brust, während er ihr zuhörte. Unterstellte sie ihm jetzt etwa seine Eifersucht? Wie nett. ,,Er hat dich geküsst?" ,fragte er dann fassungslos. ,,Wow...er ist ein toter Mann. Ehrlich." Brighton ging sich etwas nervös durch die Haare und setzte sich wieder neben Amy. Er hielt sich stark davon ab, nicht sofort zum Durmstrangschiff zu rennen und dem Kerl eins überzuhauen. ,,Tut mir leid...dass ich so übertreibe." ,meinte er dann wesentlich leiser. ,,Ich find den Gedanken einfach echt schrecklich...dass er mit dir hier war und sowas getan hat. Ehrlich ich ... tut mir leid." Der Slytherin wich ihrem Blick aus und fummelte etwas nervös an seiner Krawatte.

Sie sah leicht überrascht auf. Na toll, sie hätte es ganz geiwss nicht sagen sollen, aber es war ein kleiner Pluspunkt, denn Brighton blieb hier. Das war wirklich etwas gutes. "Ein toter Mann? Tse, es hat ihm vermutlich Spaß gemacht" meinte sie dann leichthin und zuckte kurz mit den Schultern. Amélie sah auf und betrachtete die Krawatte um Brightons Hals. Sie berührte seine Hand und zog sie gen Boden. "Reg du dich nicht so auf. Er macht sich doch sowieso nichts aus dir" murmelte die Schülerin leise.

Brightons Gesichtszüge härteten sich. ,,Du sagst es, als ob es was tolles wäre." ,meinte er brummig. ,,Als hätte es dir gefallen oder so." Als sie seine Hand nahm zog er sie nicht weg, aber das Zittern konnte er nicht verbergen. Jetzt fiel ihm wieder ein, wieso er ursprünglich niemanden an sich ran ließ. ,,Ich weiß dass er sich nichts aus mir macht, aber das macht es nurnoch einfacher. Weniger schmerzhaft für mich wenn ich in seine grinsende Visage ...." ,er beendete den Satz nicht.

Ihre Augen weiteten sich und sie stellte sich endlich aufrecht hin. "Danke auch" murrte die Schülerin und schüttelte leicht den Kopf. Sie drehte sich um und griff nach ihrer schwarzen Tasche, bevor sie zaghaft über ihr Kleid strich und sich dann wieder an Brighton wandte. "Natürlich gefällt mir sowas, wem wohl nicht?" antwortete sie sarkastisch und presste ihre Lippen wieder fest aufeinander.
Doch dann hielt sie kurz inne. Wie bitte? Was hatte er da gerade gesagt? "Du willst doch wohl nicht zu ihm gehen und ... BRIGHTON! Und was tut Leon dann? Genau, er tut das gleiche bei dir. Wohin soll das führen?" warf sie geschockt ein.