Eingangshalle

Sophie war ziemlich verblüfft von allem, was geschah, letztlich war sie aber nur ebenso froh wie er selbst, endlich wieder im Schloss zu sein und Wärme zu tanken. Als Letzter kam hinter ihnen noch Munin durch das Portal geflattert, bevor sich dieses ächzend schloss, damit die Kälte und der Schneesturm draußen blieben. Der weiße Rabe setzte sich auf die Hellebarde einer Ritterrüstung und sah die beiden mit seinen blauen Augen an. Noch einmal nickte Raven seinem Freund dankend. Später würde er ihn sicher noch fragen, wie das kluge Tier es geschafft hatte, die Weide zum Verharren zu bewegen. Doch vorerst war das noch unwichtig.
Ein Schauer durchlief den Jungen, während die Wärme ihn durchströmte und dieses piekende Kribbeln überall auf der Haut hinterließ. Langsam bekamen die zwei Kammeraden wieder Farbe. Raven nickte zustimmend, als Sophie den Tag als ziemlich aufregend beschrieb.
„Ja, also so leicht wird das nichts mehr toppen.“ gab Raven schnaufend zurück, da er noch immer außer Atem vom Rennen war, ebenso wie Sophie. „Wahrscheinlich werden wir irgendwann unseren Enkeln davon erzählen.“ fügte er noch spottend an.
Zum Glück dauerte es nicht lang, und ihnen war wieder mollig warm, sodass sie ihre Wintermängel ausziehen konnten.
Schließlich sprach Sophie ihn noch einmal wegen dem kleinen Zwischenfall im Tunnel an. Er hatte die Aktion nicht wirklich für schlimm empfunden, geschweige denn, dass er sich groß etwas dabei gedacht hatte. Es war für ihn plausibel gewesen, wieso die Gryffindor das getan hatte. Anscheinend befürchtete sie jedoch, dass er alles noch etwas anders aufgefasst haben konnte. Er lehnte ihre schüchternen, gestotterten Worte nur mit einer wegwerfenden Handbewegung ab.
„Schade, dabei hatte ich mir grade überlegt, den Antrag doch vor zu verlegen.“ sagte er nur grinsend. Wahrscheinlich wäre er nach dem ganzen Wirrwarr nicht einmal auf solch eine Idee gekommen. Sicher war auch er etwas peinlich berührt gewesen, oder zumindest erstaunt, da er das nun nicht von Sophie erwartet hatte.
Er würde sicher noch einige Zeit über diesen Tag nachdenken und grübeln. Schon lang hatte er nicht mehr so viel Aufregung und Spaß gehabt, selbst zuhause nicht. Doch er bereute letztlich nichts und würde so einen Tag jeder Zeit wieder mit Sophie widerholen.
„Mach dir nicht so viele Gedanken, ich werde schweigen wie ein Grab, das geht sowieso niemanden etwas an.“ versicherte er ihr noch.
Wem sollte er es auch erzählen? Alle anderen würden höchstens lachen oder ihm die Hölle heiß machen. Und so weltbewegend war es auch nicht, dass er es unbedingt sofort seiner Familie schreiben musste.

Sopie atmete erstmal tief ein und aus, um ihr schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Sie war müde und erschöpft und würde gleich hochgehen in den Gemeinschaftsraum, um sich auszuruhen und um in Ruhe nachzudenken. Die Wärme fuhr ihr in die Glieder und sie spürte, wie ihre Füße und Hände wieder auftauten, leicht kribbelten. Es war ein angenehmes Kribbeln. Das zeigte nur, dass ihre Hände wieder warum wurden. "Ja, ganz bestimmt." meinte Sophie ironisch. "Unsere Enkel werden uns höchstens schadenfroh auslachen." Zumindest würde sie das an deren Stelle tun. Kinder fanden sowas immer ganz witzig. Und ein schadenfrohes Lachen war immer die erste Reaktion darauf. Das kannte sie von sich damals. Mittlerweile tat sie es nicht mehr, weil es einfach unreif und gemein war.
Sophie rollte nur mit den Augen. "Tja, kann man nichts machen." sagte sie mit einem spöttischen Unterton. "Aber zu Valentinstag erwarte ich einen Antrag von dir." meinte sie frech und zwinkerte ihm spielerisch zu. In Gedanken stöhnte sie aber genervt auf. So was blödes aber auch. Das sowas immer ihr passieren musste. Dabei trat sie in der Regel doch sonst nicht in jedes Fettnäpfchen. Aber heute schien sie alles Unglück magisch anzuziehen. Aber trotzdem war alles in allem der Tag sehr schön gewesen. Sie hatte die Momente wirklich genossen und mit Raven konnte man ganz fantastisch reden über Gott und die Welt. Einfach über alles. Er schien sie in vielerlei Hinsicht sogar zu verstehen. Das hätte sie nie von einem Jungen und dann noch von einem Slytherin erwartet. "Okay, das hoffe ich für dich, denn sonst muss ich dich verhexen." drohte sie ihm, doch sie setzte ein schiefes Lächeln nach, sodass die Drohung ein wenig abgeschwächt wurde. "Nun ja, ich gehe dann mal hoch in den meinen Gemeinschaftsraum. Schließlich malt sich nicht so ein Bild von selbst." sagte sie und schaute auf die beiden Weihnachtstüten. "Nun dann ... Ciao." verabschiedete sie sich, drückte ihn einmal kurz und lief hoch in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors.

tbc: Gemeinschaftsraum Gryffindor

Auch Raven musste über ihre Späße schmunzeln. Was konnte man auch anderes tun, ihre Gespräche waren einfach unterhaltsam. Der Tag hatte ihm wirklich gefallen und auch das Mädchen schien ihren Spaß gehabt zu haben. Noch einmal grinsten beide, dann verabschiedeten sie sich fürs erste von einander. Sophie brachte es sogar über sich und umarmte Raven. Das Mädchen verabschiedete sich mit einem kurzen „Ciao“ und ließ einen leicht verdutzten Slytherin zurück. Raven blickte Sophie lange nach, bis sie gänzlich aus seinem Blickfeld verschwunden war. Doch selbst dann stand er noch einen Augenblick einfach nur da und blickte auf die leere Stelle. Schließlich wandte er sich ebenfalls langsam um und schritt wie im Schlaf Richtung des Gemeinschaftsraumes der Slytherin. So wirklich achtete er auf den Weg gar nicht, er lief von ganz allein. In seinen Gedanken ließ er den Tag noch einmal Revue passieren und er musste leicht schmunzeln, war aber auch gleichzeitig etwas nachdenklich. Schon merkwürdig, wie man an einem einzigen Tag, der noch nicht einmal ganz vorbei war, so gut Freundschaft schließen konnte, wo Sophie und Raven zumindest von den Häusern her, eigentlich „Feinde“ waren. Doch Raven bereute nichts, im Gegenteil. Er freute sich, hatte Spaß gehabt und hoffte, bald wieder etwas Zeit mit Sophie verbringen zu können. Sie teilten einige gemeinsame Einstellungen und Sichtweisen und es viel dem Jungen leicht, mit ihr zu reden. Es war nicht so verkrampft und bei ihr hatte er keine Befürchtungen, dass sie ihm etwas vormachte. Sophie war direkt, sagte, was sie dachte, egal ob es jemandem passte, oder nicht. Sie stand auch zu dem, was sie tat und war auch nicht so … weich … wie andere Mädchen. Um es kurz zu sagen, hatte sie Raven tief beeindruckt und auch Munin schien sie zu mögen, sonst hätte er nicht so ruhig reagiert.
Der weiße Rabe setzte sich wieder auf die Schulter des Jungen. Mit einem sachten Lächeln auf den Lippen, streichelte Raven ihn sanft über das glatte, Gefieder. Er flüsterte ihm noch ein leises „Danke“ zu, bevor das kluge Tier sich kurz vor dem Gemeinschaftsraum wieder in die Lüfte erhob, und davon flatterte. Was für ein Tag!

tbc: Gemeinschaftsraum der Slytherin